Abitur, das steht für die Allgemeine Hochschulreife. Doch immer mehr Universitätsdozenten beklagen die mangelnde Studierfähigkeit der Studienbeginner, die in die Hörsäle strömen. Das Abendgymnasium St. Georg will dem entgegenwirken und setzt mit dem Projekt „Komplexes Lernen“ neue Maßstäbe.
Studieren bedeutet Eigenständigkeit, nicht nur im praktischen Leben, sondern auch im akademischen Lernen. So müssen unter Umständen nicht nur ein WG-Zimmer organisiert, ein Umzug bezahlt oder ein Telefonanschluss umgemeldet werden, sondern auch Fachliteratur recherchiert, Essays geschrieben oder Lerngruppen gefunden werden. Beides stellte frische Abiturienten unter Umständen vor Herausforderungen. Doch Schüler, die ihre Allgemeine Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg erworben haben, schreckt die neue Lebenssituation kaum, denn „gerade Abendschüler zeichnet ja aus, dass sie im Leben recht fit sind“, erzählt Robert Dilla, der das Projekt „Komplexes Lernen“ von Anfang begleitet und mit entwickelt hat. „Aber wenn es darum geht, mal in einem Bibliothekskatalog etwas nachzuschlagen oder aus mehreren Perspektiven einen Unterrichtsgegenstand zu betrachten, fällt bei vielen Schülerinnen und Schülern eine Klappe.“ Die Erfahrung habe gezeigt, dass die meisten Abendschüler in ihren bisherigen Jobs richtige Profis sind: Da sind die Krankenschwester, der Verwaltungsangestellte oder auch die Köchin, die alle ihr Handwerk beherrschen, weiß Dilla. Diese Lebensnähe, so Dilla weiter, macht die Schülerschaft des zweiten Bildungsweges so besonders, denn in der Regel sind es gestandene Persönlichkeiten, die sich noch einmal dafür entscheiden, ihren Bildungsweg fortzusetzen. „Geht es aber auf einmal darum, Schillers Räuber mit aktueller Politik in Verbindung zu bringen, scheitern zunächst einmal nicht wenige.“